Roger – Iro und iPhone?

Was man Blumentopf unterstellt hat, kann man Roger bei seinem neuen Soloalbum kaum vorwerfen: Sich vom Rap entfernt zu haben. „4s Punks“ ist ein Rap-Album, wie es straighter kaum sein könnte. Auch die Entstehung gestaltete sich offenbar ausgesprochen bodenständig: Als Aufnahmekabine diente ein alter Kleiderschrank. Back to the roots also? Oder nur das, was Roger sowieso immer gemacht hat? Der Münchner über sein neues Album, Smartphones, neue Formen der Kommunikation, Samples, Platten, alleine Pizza essen gehen und die Münchner Szene.

rap.de: Auf deinem Album-Cover ist ein Punk mit Smartphone zu sehen, quasi ein 4s-Punk.

Roger: Ja, genau. Ich bin Grafiker, wenn mir was einfällt, dann mach ich das schnell. So entstehen tausend Variationen, weil mir immer wieder was Neues einfällt, aber man kann ja nur ein Cover machen…

rap.de: Bist du denn so feindseelig gegenüber Smartphones eingestellt?

Roger: Nee, eigentlich nicht. Ich brauche noch keines, weil immer irgendjemand in meinem Umgfeld ein iPhone hat. Ich komme aber schätzungsweise nicht drum rum, mir in nächster Zeit auch eines zuzulegen. Ich hab mir bisher keins geholt, weil ich erreichbar genug bin und weil es mich irgendwann langweilt, wenn man immer Mails beantworten muss. Man hat zwar den Vorteil, dass man alles von überall machen kann, der Nachteil ist: das muss man dann auch. Und da wollte ich mich noch ein bisschen raushalten. Außerdem ist es mittlerweile schon wie eine Seuche – man sieht eine kleine Clique von drei Leuten und jeder starrt nur noch auf sein Smartphone. Immer Multitasken. Zum Beispiel, wenn du eine Party ausmacht. Du redest nicht mehr am Tisch über eine Party, sondern mit denen, die du vielleicht später treffen könntest. Naja, das klingt jetzt so, wie ein alter Mann, der sagt: Diese neuen Medien mag ich nicht. Also ich benutze auch Facebook und jeden Scheiß, ganz normal, wie jeder, und hass mich manchmal selbst dafür. Das ist halt das Ding, wie du heutzutage kommunizierst.

rap.de: Du bist also nicht der böse, alte Mann, der vom Berg gestiegen ist und mal kurz seinen Kulturpessimismus auschüttet?

Roger: Der bin ich auch. (lacht) Nein, aber für uns ist es eben auch super praktisch, gerade als Band. Und über Facebook kann man eigentlich alles betreiben, und alle sind – durch ihre Telefone oder zuhause – immer online. Leute, die neben dir sitzen, schicken dir parallel eine Partyeinladung und wundern sich dann, warum man nicht auf teilnehmen klickt – sag’s mir doch halt, Du Depp! (lacht)

rap.de: Du bewahrst dir also eine kritische Distanz zu dem Medium?

Roger: (lacht) Nicht zu dem Medium, zu den Leuten, die so die Kommunikation betreiben. Früher war das mit den SMS so. Der einzige Nachteil ist, dass man früher nicht absagen konnte – heute kann man leichter absagen. Erst mal sagen ‚Schaun mer mal‘. Früher hat man Sachen zugesagt, dann konnte man nicht absagen, zum Beispiel weil der andere schon unterwegs war. Man war verpflichtet da hin zu gehen, obwohl man vielleicht schon gar keine Lust mehr dazu hatte. Es wird letztlich durch die Technik leichter, Sachen abzusagen.

rap.de: Haben sich diese technischen Veränderungen bei dir auch aufs Musikmachen ausgewirkt?

Roger: Ja, klar. Es ist einfacher geworden vieles zu machen. Und es ist schneller. Zum Musik machen ist es super. Durch zum Beispiel Soundcloud kann man Sachen direkt nach dem Aufnehmen online stellen. Und man bekommt ultraschnell Feedback durch die Leute, die dir folgen. Früher musste man über 20 Hände gehen und jetzt geht alles direkt. Es bringt jetzt nichts mehr und es geht auch nicht mehr, ein Album fünf Jahre lang vorzubereiten. Ich mag es auch schnell einen Track zu machen, und ich finde es komisch, jetzt zum Beispiel einen Track zu machen und den erst in zwei Jahren über ein Major-Label zu veröffentlichen. Was ich schnell hab, will ich auch schnell jemandem vorspielen. Wie, wenn ich sag „Ich will ein München-Madrid-Lied machen“ – dann wäre es Blödsinn, das erst in vier Monaten vorzustellen. Man muss das dann an dem Abend noch machen und online stellen. Dann ist es auch voll wurscht, ob es die Leute mögen oder nicht. Es ist aber allen klar: okay, der hat das jetzt geschrieben und das ist die Arbeit. Mehr ist es auch nicht – Stand der Dinge.