Interview mit Kobito

Kobito aus Berlin steht für einen anderen Rap, als du ihn von AggroTV kennst. Seine Songs vermeiden Homophobie, Sexismus, Nationalismus und andere Ismen ganz bewusst. Er versteht das als „positive Abgrenzung“ zum Rest der Szene. Nach Kollabo-Projekten wie Schlagzeiln oder mit Sookee als Deine Elstern sowie seinem Solodebüt „Zu eklektisch“ legt er nun mit „Blaupausen“ sein zweites Soloalbum vor, der Titeltrack ist bereits als Video erschienen. Darüber sowie über seine persönliche und musikalische Entwicklung, seine Ideen, Träume, Utopien und Wünsche haben wir mit Kobito gesprochen. Den Auftakt des Gesprächs bildete eine interessante Entdeckung. 

rap.de: Ich habe festgestellt, dass dein Vater Filmemacher ist. Er hat sogar einen Film gedreht, den ich gesehen habe.

Kobito: Ist ja geil! Wie bist du darauf gekommen?

rap.de: Du hast auf Facebook den Trailer zu seinem neuen Film gepostet.

Kobito: Das ist wirklich verrückt. Ich habe das so gemacht, weil ich den Film halt cool finde. Aber es scheint wirklich viele Leute zu erstaunen.

rap.de: Tja, welcher Rapper kann schon von sich behaupten, dass sein Papa Filme dreht, die im Kino laufen?

Kobito: Das stimmt.

rap.de: Die naheliegende Frage ist natürlich: Hat dich das geprägt?

Kobito: Auf jeden Fall. Meine Mama ist Schauspielerin, mein Stiefvater ist Filmausstatter, meine Oma war Ballettlehrerin, und dann eben Vater Regisseur. Es war also schon ein bisschen eine Künstlerblase. Mit den dementsprechenden Freunde und dem Umfeld. Ich bin als kleines Kind viel mit meiner Mutter rumgetourt, als sie noch Theater gepsielt hat. Und durch meinen Vater habe ich Riesendrehs mitbekommen, als ich noch gar nicht denken konnte. Der Unterschied zwischen einer Requisite und was echtem, das hat mich schon immer interessiert.

rap.de: Wenn ich das richtig verstanden habe, beschreibst du diese Kindheit in deinem Song „Lummerland“.

Kobito: Ja. Beziehungsweise, mein Vater hat nicht mit uns zusammengelebt, meine Eltern haben sich schon ganz früh getrennt. Mein Stiefvater war eben seitdem ich denken konnte, bei uns. Die ganze Kindheit also, bis ich ausgezogen bin. Aber das konnte man aus dem Song nicht herauslesen. Das habe ich extra offengelassen. Ich hätte ja auch ganz klar sagen können, meine Mutter und ihr Freund oder ihr Mann oder mein Stiefvater. Aber ich glaube, ich hätte den Song nicht schreiben können, wenn ich so konkret geworden wäre. Deshalb habe ich ihn so bildhaft gemacht. Deshalb gibt es diese Treppenhaus-Metaphern. Das ist ohnehin die Idee von diesem „Blaupausen„-Ding. Vielleicht liest du da was ganz anderes raus, mit einer anderen Biographie.

rap.de: Du willst es nicht zu eng halten, damit jeder sich darin erkennen kann. Wobei das Album auf der anderen Seite schon sehr persönlich ist und deine ganz eigene Welt beschreibt.

Kobito: Auf jeden Fall. Dieses Konzept von „Blaupausen“ bedeutet ja auch nicht, dass es beliebig gemacht wird. Ich will das nicht so lange abfälschen, bis einfach jeder etwas damit anfangen kann. Das ist ja kein Charts-Ansatz. Ich wurde oftmals von Lesarten überrascht, die ich gar nicht im Kopf hatte. Dass ich dachte, es ist ein Lied über eine verlorene Freundschaft, mir dann aber jemand sagte, das ist ein Song über meine Familie. Oder über meine Beziehung. Das hat mich im Vorfeld des Albums so inspiriert und beeindruckt, dass ich dachte, das ist eine Herausforderung, gleichzeitig persönlich zu sein, aber auch nicht immer alles so konkret zu sagen. Es nicht nur auf sich selbst zu beziehen. Ein Türchen offen zu lassen, damit jemand noch hinterherziehen kann.

rap.de: Das Ziel war aber, dein Leben zu verarbeiten, inklusive deiner Ideale und Träume.

Kobito: Ich finde, das letzte Album, „Zu eklektisch„, ist sehr unpolitisch und glatt. Meine vorherige Band, Schlagzeiln, war eine sehr politische Combo. Als ich da rausgekommen bin, hatte ich das Gefühl, ich muss mich erstmal freistrampeln. Dadurch ist ein sehr selbstzentriertes, unpolitisches Album entstanden. Im Nachhinein hatte ich das Gefühl, ich will das nicht noch mal wiederholen. Das Zentrum bleibe ich, weil ich glaube, so erfährt man nun mal die Welt. Da kann mir niemand etwas anderes erzählen. Aber ich wollte den Schritt weiter raus machen und mit meiner Umwelt agieren. Wie bin ich mit meinen Freundinnen und Freunden? Wie verhalte ich mich in der Gesellschaft? Wie verhalte ich mich in meiner Familie? Das sind ja alles Themen, die man eigentlich sozusagen anhand dieser CD abfragen kann.