Prozess gegen Graffiti-Doku

Gestern begann vor dem Berliner Landgericht der Prozess gegen die Filmemacher der Graffiti-Doku "UNLIKE U" (rap.de berichtete). Mit dabei: Unser Ex-Chefredakteur und Gerichtsbeobachter Marcus Staiger, der folgenden Bericht liefert:
 
Gestern Morgen vor dem Landgericht Berlin. Ein etwas seltsamer Prozess nimmt seinen Lauf. Auf der linken Seite die Vertreter der Anklage, die Berliner Verkehrsbetriebe, abgekürzt BVG, auf der rechten Seite der Filmemacher Henrik Regel mit seinen beiden Anwälten.

Henrik Regel hat gemeinsam mit seinem Partner Björn Birg den Graffiti-Dokumentarfilm "UNLIKE U“ heraus gebracht, in dem zahlreiche Sprüher ihre selbstgedrehten Videos eingereicht haben, unter anderem auch von zahlreichen Zerschönerungen/Sachbeschädigungen, die an Zügen und Bahnhöfen der BVG vorgenommen wurden. Dagegen wollen die Verkehrsvertriebe vorgehen – soweit verständlich, wenngleich auch aussichtslos.

Da also die Sachbeschädigungen selbst nicht wieder rückgängig zu machen und auch deren Urheber nicht wirklich greifbar sind, wendet sich der Zorn der BVG nun gegen Regel und Birg. Ihnen wird nun vorgeworfen, dass sie sich durch die Verbreitung von Abbildungen von BVG-Eigentum unerlaubt bereichern würden.
Aus diesem Grund beantragte die BVG ein Vertriebsverbot und ein generelles Verbot des Filmes. Als Grundlage für diese Argumentation wird ein Urteil des Bundesgerichtshofes bemüht, in dem festgestellt worden war, dass die kommerzielle Nutzung von Fotos des Schlosses Sanssouci in Potsdam allein dem Eigentümer vorbehalten ist. Das Problem an der Sache ist: Der Fotograf, der die Bilder von Sanssouci geschossen hat, stand ebenfalls auf Grund und Boden der Schlossverwaltung.

Nun ist es aber so, dass nach Aussage von Henrik Regel die Filmemacher ja gar nicht wissen, wo die einzelnen Aufnahmen entstanden sind, wo bei den einzelnen Aufnahmen der filmende Fotograf stand und ob die jeweils zu sehenden Örtlichkeiten denn tatsächlich der BVG als Eigentümer gehören.

Diesen Gedanken folgte die die vorsitzende Richterin, erklärte, dass der Eigentumsanspruch der BVG in diesem Fall viel zu pauschal und schwammig formuliert sei und gab den beiden Anwälten der Klägerseite eine Hausaufgabe zum Ende der Sitzung mit auf den Weg: Die BVG muss binnen vier Wochen für jede einzelne Einstellung nachweisen, dass sie erstens Eigentümer der zu sehenden Liegenschaften ist und zweitens, dass der filmende Fotograf in der betreffenden Einstellung ebenfalls auf ihrem Grund und Boden gestanden hat.

Das hört sich nach jeder Menge Arbeit an. Dementsprechend entspannt zeigten sich dann auch die Vertreter der Angeklagten, die zum Abschluss der gestrigen Verhandlung auch noch einmal auf die immense kulturelle Bedeutung des Filmes verwiesen.