Mortis – Der goldene Käfig (EP)

So wirklich viel weiß man noch nicht, von dem Mittzwanziger Rapper Mortis aus einer der unzähligen dorflichen Provinzen Ostdeutschlands. Klar gab es mal ein Feature auf „Bordsteinwirtschaftslehre“ zusammen mit der Plusmacher oder einen kurzen Gastauftritt auf „Piratensender“ von den Antihelden (damals noch unter dem Namen Mortis One), doch eine eigenständige Veröffentlichung, die auch abseits von Internetforen Aufmerksamkeit erregen konnte, blieb bisher aus. Bisher. Denn mit „Der goldene Käfig“ gibt es nun die Debüt-EP des Neu-Signings auf Showdown-Records, die gleichzeitig als Opener für das kommende Album dienen soll.

Das „Gutmensch Untro“ startet erstmal ziemlich verhalten. Ruhige Klaviertöne, gepaart mit deepen Reimen und einer Rapstimme, die sich irgendwo zwischen Max Herre und Olson platziert sorgen bis zum Einsetzen des Bass für einen entspannten Herbstsoundtrack – auch mitten im Winter. Inhaltlich fühlt man sich ebenfalls desöfteren an Olson erinnert. Es geht um leichte Mädchen, harte Drogen und lange Nächte, die man sich in Berlin in die Nasen und um die Ohren haut. Leider ist das auch fast das einzige Thema auf der EP. Die Tracks ähneln sich inhaltlich sehr. Während die alltäglichen Probleme der Generation Facebook auf „Engelsstaub“ noch durchaus zu unterhalten wissen, wird spätestens mit der dritten Wiederholung eben dieser Themen, wie zum Beispiel auf „Dafür,“ das Ganze doch etwas eintönig.

Da die EP jedoch nur auf 7 Tracks begrenzt ist und mit dem Track „Zuhause„, neben thematischem Neuland in Form von einer schönen Beschreibung der Gegensätze provinzieller Jugendlicher und dem Leben mit den Klischee-Dorfprolls, die trotz ihrer Wiedersprüchlichkeit und Fehler trotzdem irgendwie die zweite Familie sind, auch ein wenig musikalische Abwechslung in Form von dreckigen Gitarrenschrammel und dezent eingesetzten Drums am Start ist, kann man über die mangelhafte Abwechslung jedoch großzügig hinwegsehen.

Eigentlich ist keiner Nazi, doch steht hinter den Werten der Kultur/ Deutsches Bier, eine Perle der Natur/ An der Bushalte hört man alles durcheinander
DMX, Nickelback, 2Pac oder Landser/ Antifa, Palischal, Alkopops in Vatis Auto/ Hakenkreuze, Anarchie, „Nazis raus“ an den Mauern.“ (Zuhause)

Neben dem Mittzwanziger bekommt man aber auch noch ein paar Gäste auf die Ohren, mit denen vielleicht nicht unbedingt gerechnet hätte. So darf sich Peter Boateng (Nicht verwandt oder verschwägert mit den drei Fußballern) gesangstechnisch voll entfalten und liefert saubere Parts auf „Engelsstaub“ und „Abgrund“ ab. Auch Shizoe, den man unter anderem von Zusammenarbeiten mit sido und Fler kennt und die Sängerin Wanja dürfen sich ein wenig austoben. Die Hook zum Titeltrack „Der goldene Käfig“ geht richtig gut ins Ohr. Die größte Überraschung auf der Trackliste kommt jedoch in Form des Gastparts von keinem geringeren als Marteria, der auf „Abgrund“ gewohnt hochwertige Kost bietet. Der langsam wabbelnde, psychedelische Beat passt dabei perfekt zu Marterias sonorer Stimme und auch inhaltlich ist der Part weit entfernt von diesen schnell zusammengeschusterten Featureparts, die man von Künstlern dieser Großenördnung leider zur Genüge kennt, zumal, wenn sie sich gerade selbst in Erwartung ihres neues Albums befinden.

Geh raus auf die Straße/ Beat an – Spaziergang/ Tauch ab in die Stadt, halt meine Luft an/ Tiefgang, wo alles passieren kann/ Wo bleibt die Prophezeiung/ Kohle verdienen für die Ofenheizung/ Mein Leben ist wie Surfen auf einer S-Bahn/ mal mit, mal ohne Entgleisung.“ (Marteria auf „Abgrund„)

Mit „Der goldene Käfig“ erwartet den Hörer eine melancholische EP für die rauhen Tage und Nächte, das zwar etwas an thematischer Monotonie leidet, dank der starken musikalischen Umsetzung und der dezent eingesetzten Featureparts jedoch noch die Kurve kriegt. Bis zum Album wird für den Kater am Morgen danach jedenfalls gerne „Engelsstaub“ als musikalische Begleitung aufgelegt. 

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