Kontra K – 12 Runden (Album)

Kontra K ist der inbegriff von Fitness-Rapper. Nein, nicht einer dieser Magermilch-trinkenden Anabolspritzer. Sondern ein Rapper, der sich mit dem Thema wirklich auskennt, und das nur zu gut, schließlich macht der Rapper seit einer gefühlten Ewigkeit Kampfsport und lässt seine Erfahrungen auch immer wieder in seine Texte einfließen. Genau das ist es auch, was der Rapper am Besten beherrscht: Das Rappen über Fitness und Disziplin. Das klingt aus dem Mund des Dobermanns nicht nur wirklich interessant, sondern wirkt auch authentisch und genau das ist es, was das Kontra Ks Album ausmacht. Authentizität.

Stilecht fängt der Opener mit einer motivierenden Rede zwischen „Vater & Sohn“ an und unterstreicht damit gleich die „Kopf Hoch“-Mentalität des Albums. Mit „Gedankenaustausch“ startet „12 Runden“ entgegen der Erwartungen nicht mit straighten Punchline- und Straßenrap, der voll auf die Fresse gibt, sondern mit einer 2:40 Minuten langen selbstreflektierende Erörterung der treibenden Kraft, die den Berliner zum Texten und Aufnehmen animiert. Natürlich nicht ohne warnend erhobenen Zeigefinger und der Selbstermahnung, nicht zu hoch zu fliegen. Ein Bodenständiger und sauberer Einstieg in die nachfolgenden 18 Tracks.

Mit „W.I.R.“ geht es dann schon etwas krachender nach vorne. Mit Doubletime kommt der Kampfsportler um die Ecke und zerfickt nicht etwa seine Gegner oder erklärt, dass er der Beste im Game sei, nein, es gibt Aufmunterung und Erbauung für die Kids, deren Weg abseits der geraden Bahn läuft. Schöne Abwechslung. Zudem weitgehend zielgruppengerecht, denn genau das ist auch das Klientel, dass Kontra K auf „12 Runden“ anspricht. Der Kampfsportler will seine Hörer aufbauen, ja geradezu erziehen und ihnen zeigen, dass man mit Disziplin und Kampfwillen sich selbst den erfolgreichen Weg ebenen kann. Dabei kommt das Ganze Gott sei Dank nicht kitschig und mit permanent erigierten Zeigefinger daher, sondern eher in einem guten, väterlichen Tonfall. Zudem garniert mit gelegentlicher Gesellschaftskritik. „Jeder von uns würde gerne besser leben/ aber leider kann dir keiner sagen wie und wann/ Sie haben uns unterschätzt/ Die Ausdauer war nicht umsonst/ die Wurzeln werden immer stärker/ und durchbrechen den Beton.“ („W.I.R.„)

Okay, okay – Kopfhochtracks, reflektierte Verse, nachdenkliche Melodien, aber wo bleibt denn jetzt der alte Kontra K, der Kampfsportler, der auch mal ein wenig austeilt? Keine Sorge, den gibt es auch noch. Auf „Rücken zur Wand“ gibt es dann auch wieder die bereits bekannten Wobble- und Dubstep-Beats, über die der Berliner spuckt und auch mal den ein oder anderen Hieb austeilt, auch wenn das noch eher zurückhaltend ausfällt. Leider sind die Dubstep-Beats, die Kontra K relativ häufig nutzt, inzwischen aber langsam ausgelutscht, ein wenig mehr Straßenmentalität würde den Produktionen ganz gut tun. Vor allem, da die Themen, bis auf wenige Ausnahmen, genug Sozialkritik mit sich bringen. Sei es „K.E.L.L.E.R„, bei dem zusammen mit einem gutaufgelegten Skinny Al die Gier nach Geld thematisiert wird oder auf „Generation Crack„, das die szeneversessenen Feierkids und Langzeitstudenten, die jeden Donnerstag Abend vier Stunden vor dem Berghain stehen, um sich anschließend auf der Damentoilette die dritte Line von schäbigen Toilettensitzen zu ziehen, nicht nur verhöhnt, sondern geradezu mit ihnen abrechnet.

Sie wollen lieber Springbreak-Partys/ Ficken auf dem Klo/ oder Koks in der Nase/ Als Aufstehen am Abend/ und raus auf die Straße/ und keiner von denen kann man noch gebrauchen für Arbeit/ RTL 2 hat euch wirklich am Arsch/ den Berlin Tag und Nacht wird hier immer mehr die Warheit/ sag mir warum soll man euch noch helfen/ wenn ihr Ficker euch schon lange selber egal seid?“ („Generation Crack„).

Wir bereits angesprochen hat Kontra K auch den ein oder anderen Featuregast auf seinem aktuellen Album. Neben Rosa, die für die Hooks „Eigentlich“ und „In der Stille“ verantwortlich ist und einen super Job abliefert, gibt es mit Kontras langjährigen Freund Bonez MC aus Hamburg einen waschechten Straßentrack namens „Mach Was„, bei dem sich die beiden perfekt ergänzen und ihre Stärken wie Stimm- und Flowvariation, die besonders Kontra K mehr als einmal eindrucksvoll unter Beweis stellt, sowie treffende Punchlines ausspielen und dem Track dadurch die gewisse Härte verleihen, die ältere Kontra K Fans und Liebhaber von „Auf Teufel komm raus“ schon fast verloren geglaubt haben.

Mit „Bis bald und auf Wiedersehen“ wird es zum Ende ein letztes Mal persönlich. Scheiß mal auf Geld und Fame, Kontra betont, dass es ihm nur um die Liebe zur Musik und die Liebe zum Leben geht. Mit dem Abschlusstrack beweist der Berliner seinen Hunger nach mehr und verspricht ein baldiges Wiedersehen. Nach diesen 12 Runden, die eigentlich doch eher 20 sind, will man auf jeden Fall mehr hören. Klar könnte der ein oder andere Wobbel-Wobbel-Beat durch einen drückenden Straßenbeat ausgetauscht werden, und den ein oder anderen Kopf-Hoch Track hätte man auch weglassen können, damit das ansonsten gut durchdachte Album noch ein wenig mehr an Abwechslung gewinnt. Doch trotz dieser Kritikpunkte war der Rezensent zu jedem Zeitpunkt gut unterhalten und hat sich nur selten gelangweilt. Auf jeden Fall ist der Hunger nach mehr geweckt und die Lust auf den nächsten Besuch im Kampfsportstudio, natürlich mit „12 Runden“ auf den Ohren – dem bisher besten Kontra K-Album.