Celo & Abdi – Akupunktur (Review)

Mit ihrem ersten Album „Hinterhofjargon“ kamen Celo & Abdi aus einer komfortablen Ausgangslage ins Spiel: Mit ihrem „Mietwagentape“ hatten sie bereits für Aufhorchen gesorgt. Der Boden war bereitet, alle waren gespannt, was die beiden Azzlackz mit ihrem Debüt so reißen würden. Und aus dem Reißen wurde ein Abriss: „HJ“ überzeugte über die volle Distanz. Storyteller, Representer, Straße, Politik, Humor – alles gebündelt. Vor dem zweiten Album ist die Ausgangslage natürlich ungleich schwieriger. Plötzlich muss man sich an vergangenen Großtaten messen lassen, muss man sich entscheiden zwischen Weiterentwicklung und der Treue zum eigenen Style. 

Celo & Abdi lösen diese nicht einfache Situation des zweiten Albums aber mit Bravour. Sie entscheiden sich für vorsichtige Weiterentwicklung anstatt alles, was doch ohnehin gut und richtig war, über den Haufen zu schmeißen. Die Flows auf „Akupunktur“ sind variabler, die Protagonisten wirken lockerer. Aber nach wie vor pressen sie ihre Weltsicht in einen atemlosen Stakkato, der Schlagwort an Schlagwort reiht und mit atmosphärischer Dichte stets sofort Bilder im Kopf entstehen lässt. 

Manche Probleme sind neu, aber die Art und Weise, damit umzugehen, bleibt dieselbe. 

Nicht normal, wie wir in die Charts krachen
Mietwagen, Piece-Platten auf der Digitalwaage
Das Finanzamt fickt dich mehr als ’n General
In Den Haag beim Kriegsverbrechertribunal“ (Celo auf „Das ist erst der Anfang„)

Celo & Abdi haben ihr bereits auf dem ersten Album immer wieder durchblitzendes Interesse an internationaler Politik nicht verloren. Man hat allerdings den Eindruck, dass die beiden hier inzwischen etwas bedächtiger zu Werke gehen, statt knalliger Parolen gibt es nachdenkliche Songs wie „Generation Tschö“ und auch der Bonustrack „Siedlungspolitik“ ist entgegen der allgemeinen Erwartungshaltung keine platte Anti-Israel-Hymne, sondern befasst sich vielmehr mit dem Phänomen der sogenannten Gentrifizierung, also der Aufwertung ehemaliger sozialer Brennpunkte zu Szenebezirken. 

Zumeist beschäftigen sich Celo & Abdi auf „Akupunktur“ aber mit sich selbst. Mit ihrem Erfolg, dem neuen Lebensstandard, den neuen Problemen – nicht ohne freilich in „Es ist wie es ist“ zu betonen, dass sich grundsätzlich eigentlich nichts geändert hat. Die Hook übernimmt kein geringerer als Azad (der auch den Beat gebaut hat) – und zeigt sich dabei in ausgesprochen starker Form. 

Hier kommst du nicht weit von dem Leid
Und brichst innerlich
Die Helikopter kreisen nur meist um sich und den Mist
Hier gibt es krankerweise auch leider mal’n Stich für’n Diss
Ich seh, wie jeder Zweite verzweifelt, kein Licht ist in Sicht
Doch es geht ewig weiter und weiter und nichts ändert sich
Denn guck es bleibt wie es bleibt
Und ist wie es ist“ (Azad auf „Es ist wie es ist„)

Auch ihre Gäste haben die Jungs wieder klug gewählt: Azzlack-Oberhaupt Haftbefehl haut auf „Neuro Linguale Programmierung“ einen blitzsauberen, wütend gespitteten Part raus, SSIO macht auf dem episch angelegten Storyteller „Nur noch 60 Sekunden“ alles richtig, was man richtig machen kann und MoTrip schüttelt auf „Top10 Rapper“ die Reime so unangestrengt und lässig aus dem Ärmel, wie man das von ihm gewohnt ist. Dass man zudem mit B-Lash eine Berliner Untergrundlegende auf dem Bonustrack „Siedlungspolitik“ zu Gast hat, ist ein feiner Zug der beiden Jungs. Zumal sich der Kreuzberger wahrlich nicht hinter den Fähigkeiten der übrigen Mitspieler verstecken muss. 

Grund für großartige musikalische Neuerungen gab es nicht. So übernimmt m3, der das Debüt komplett produziert hat, wieder den Löwenanteil, dezent ergänzt um Beats von den Bounce Brothas, Farhot, Bazzazian, Reaf und Abaz, die sich hervorragend ins kohärente Gesamtbild einfügen.

Celo & Abdi büßen auf ihrem neuen Album nichts vom Charme des Debüts ein. Sie haben sich punktuell verstärkt, ohne wild herumzuexperimentieren und wirken etwas reifer und bedächtiger, dabei aber immer noch impulsiv und frisch genug. Der ganz große Überraschungseffekt von „Hinterhofjargon“ war natürlich nicht wiederholbar, aber das liegt nun mal in der Natur der Sache. Geheimtipp ist man eben nur einmal. Hellseherische Fähigkeiten scheinen die beiden Frankfurter obendrein auch zu besitzen: Ihre Chartplatzierung prognostizierten sie gleich im ersten Song ziemlich genau. „A-zwei Z-lack knackt auf jeden Fall den Jackpot/ Top 5: Next Stop„. Alles rasiert? Vorerst ja. 

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